Judentum Judit R. Marach

Mir ist die Gleichberechtigung wichtig
Judentum bedeutet für mich alles. Also, ich bin nicht nur jüdisch, wenn ich in der Gemeinde bin, sondern auch im Berufsleben und privat. Das ist der Halt in meinem Leben.

Ich habe einige Jahre in der Diakonie gearbeitet, und so hatte ich auch sehr viel mit dem christlichen Glauben und der Ethik zu tun. Ich hatte eine ganz tolle Kollegin aus Kolumbien, mit der ich mich sehr oft über den Glauben unterhalten habe.

Die Gemeinde ist wie eine Familie für mich, also eine Gemeinschaft. Das Judentum ist nicht nur eine Religion, da spielt auch die Kultur eine ganz große Rolle und auch das Gefühl, beim gemeinschaftlichen Gebet und bei Feiern zum Beispiel.

Meine Mutter kommt aus Israel und ist seit 30 Jahren hier, mein Vater kommt aus Danzig. Meine Familie ist interreligiös. Wir haben wir immer alle Feiertage gefeiert. Vor etwa 12 Jahren hat mich meine Mutter an einem Feiertag in die Liberale Jüdische Gemeinde mitgenommen, und von da an war es für mich klar, dass ich da immer hingehen werde.


Ich trage immer meinen Davidsstern und ab und zu auch meine Kippa auf der Straße, und ich rede sehr viel über das Judentum. Ich gebe preis, dass ich jüdisch bin, und ich will zeigen, dass das Judentum nach Deutschland gehört.
Das Schöne am liberalen Judentum ist, dass man immer alles hinterfragt, dass man sich auch mit anderen Menschen auseinandersetzt und mit sich selbst. Man findet Kraft, wenn es einem nicht so gut geht. Und man kann auch Kraft geben, wie zum Beispiel wenn man Bikkur Cholim durchführt, die Krankenbesuche.

Niedersachsen ist meine Heimat, und ich bin froh, hier zu leben, gerade auch in Hannover, weil es hier relativ ruhig und auch sehr bunt ist. Aber natürlich sehne ich mich auch nach Israel, um dort Urlaub zu machen und die Familie zu sehen.

Ich versuche auch bei der Arbeit im jüdischen Seniorenheim, das Judentum ins Spiel zu bringen. So spreche ich mit manchen Bewohnern jiddisch oder hebräisch, und wir reden ganz viel über die Tora und wie sie früher das Judentum ausgelebt haben.
Meine Oma ist Schoah Überlebende, ihr Lebensgefährte ebenso. Meine Mutter lebt seit 30 Jahren hier. Meine Oma ist nach der Befreiung aus Bergen-Belsen nach Israel gegangen, und dann gibt es noch einen Bruder und eine Schwester meiner Mutter in Israel. Regelmäßiger Kontakt ist gerade in Krisenzeiten wie dem Gaza Krieg sehr wichtig, weil die Verwandten immer in Gefahr sind. Wir können uns das nicht vorstellen, wie das wäre, wenn wir nicht mehr sicher auf die Straße gehen können.

Mir ist die Gleichberechtigung wichtig, dass ich genauso einen Tallith und eine Kippa tragen darf und dass ich aus der Tora lesen darf und keine Hierarchie herrscht in der Gemeinde.

Im Umgang mit Juden wünsche ich mir mehr Offenheit, mehr Akzeptanz und dass wenig bis keine Sicherheitsmaßnahmen mehr nötig sind. Ich wünsche mir Normalität, als Mensch wahrgenommen zu werden und nicht nur als Jude. Ich möchte als ich selbst wahrgenommen werden.
