Judentum Dimitri Tukuser

Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für Frieden

Viele Menschen aus der ehemaligen UdSSR verstehen das Judentum vor allem als eine Schicksalsgemeinschaft mit eigener Kultur und Geschichte. Erst hier in Deutschland habe ich verstanden, dass es noch einen weiteren Teil des Judentums gibt – die Religion.
In Deutschland zu leben, heißt für mich, Verantwortung zu tragen. Wir haben Verantwortung für das, was wir tun und unseren Kindern weitergeben. Das kann man hier – im Land der Shoah – am besten verstehen, artikulieren und mit anderen Menschen teilen.

Man ist Jude, wenn man von einer jüdischen Mutter geboren wird. Man kann auch nicht gläubig sein. Ich bin in einer solchen Familie geboren. Als Kind wusste ich sehr wenig über das Judesein.
An Religion interessiert mich, wie man Brücken zwischen Menschen und Generationen bauen kann. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für Frieden und das gemeinsame Leben auf dieser Erde. Wie können wir Vorurteile und Ängste abbauen?
In Wolfsburg gab es keine Gemeinde, und daher haben wir eine gegründet. Wir standen am Anfang vor großen Herausforderungen. Jetzt haben wir einen ruhigen Raum, wo wir Gottesdienste abhalten, Feste feiern und Sprachkurse durchführen. Wir tanzen auch und beschäftigen uns mit jüdischer und deutscher Geschichte und Kultur.


Für mich ist der Dialog mit Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen wichtig. Wir diskutieren und organisieren Treffen, um einander besser zu verstehen. Dadurch verstehen wir uns selbst besser.
Sieben Jahre habe ich in einem Jugendzentrum in Westhagen gearbeitet, das hauptsächlich muslimische Jugendliche besucht haben. Ein Jugendlicher hat mir auf Facebook einen Satz geschrieben, auf den ich sehr stolz bin: Danke Dimitri, ich habe dank dir gelernt, dass Freundschaft wichtiger als Religion ist.

Als wir diese Gemeinde aufgebaut haben, dachten wir: Fünf Jahre, dann ist wahrscheinlich Schluss. 2015 haben wir unser 10-jähriges Jubiläum gefeiert und planen jetzt, eine Tora zu kaufen.
